Virtuelle Mitarbeiterbeteiligungen erfreuen sich großer Beliebtheit. Egal, ob sie nun als „virtual shares“, „phantom stocks“, „virtuelle Optionen“ oder sonst wie bezeichnet werden, virtuelle Anteile sind gefragt. Einer der Gründe dafür liegt in ihrer steuerlichen Behandlung. Und das, obwohl sie nicht steueroptimiert sind. Wieso virtuelle Anteile trotzdem – auch durch die Steuer-Brille – eine attraktive Gestaltungsmöglichkeit für eine Mitarbeiterbeteiligung bieten, wollen wir Dir in diesem Beitrag erklären. Außerdem kannst Du hier alles Wissenswerte über virtuelle Mitarbeiterbeteiligungen aus Gründer-Sicht finden.
Mitarbeiterbeteiligungen sind Programme für Mitarbeiter. Sie sollen Mitarbeiter am Erfolg des Unternehmens beteiligen. Das soll die Mitarbeiter zu Überflieger-Leistungen motivieren. Ganz nach dem Motto: das Unternehmen wächst mit Dir und Du wächst mit dem Unternehmen. Ein Modell, von dem – im Idealfall – beide Seiten profitieren. Und natürlich sollen Mitarbeiter dafür kein Geld in die Hand nehmen müssen. Deshalb geben Unternehmen selten echte GmbH-Anteile an sie aus. Wieso? Weil bei der vergünstigten Ausgabe echter GmbH-Anteile immer das Dry Income Problem im Raum steht. Das Dry Income Problem wird bei Start-ups dadurch besonders kompliziert, dass es keine festen Regeln zur Bewertung von Start-ups gibt.
Das Dry Income Problem beschreibt das Phänomen, dass Mitarbeiter Steuern zahlen müssen, obwohl sie zunächst „nur“ GmbH-Anteile erhalten, ohne dass ihnen liquide Mittel zufließen. Denn bereits der Erwerb der GmbH-Anteile stellt einen steuerpflichtigen Vorgang dar. Das liegt daran, dass Mitarbeiter im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen kein oder möglichst wenig Kapital aufbringen sollen. Deshalb würde man echte GmbH-Anteile so günstig wie möglich ausgeben. Beispielsweise für 1 € je GmbH-Anteil. Der Marktwert der GmbH-Anteile wird aber höher liegen. Und die Differenz zwischen dem Mitarbeiterpreis von 1 € und dem Marktwert von beispielsweise 200 € muss bereits bei Erwerb der GmbH-Anteile versteuert werden. Denn darin liegt eine Vergünstigung, die den Mitarbeitern gewährt wird.
Steuerrechtlich gibt es zwei Möglichkeiten, wie diese vergünstigte Ausgabe von GmbH-Anteilen behandelt werden kann. Entweder sie wird als unentgeltliche Zuwendung an einen Dritten, also als Schenkung, betrachtet. Oder sie wird wegen ihres Sachbezugs zum bestehenden Arbeitsverhältnis als Lohnbestandteil betrachtet.
Wird die vergünstigte Ausgabe der Anteile als Schenkung betrachtet, fällt hierauf ggfs. Schenkungsteuer an. Zwischen Dritten gilt bei der Schenkungsteuer ein Freibetrag von 20.000 €. Beträge, die über diesem Freibetrag liegen, werden bis 6. Mio. € mit einem Prozentsatz von 30% besteuert. Eine Behandlung als Schenkung ist gegenüber Mitarbeitern allerdings eher unwahrscheinlich. Denn die Mitarbeiter erhalten GmbH-Anteile, als Anreiz und Motivation besonders gute Leistungen für das Unternehmen zu erbringen.
Aufgrund dieses engen Sachbezugs zwischen dem Erwerb von Anteilen im Rahmen eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms und dem bestehenden Arbeitsverhältnis, wird die vergünstigte Ausgabe der Anteile eher als Lohnbestandteil behandelt werden. Das bedeutet, dass sie dem persönlichen Einkommenssteuertarif unterliegt und Lohnsteuer abgeführt werden muss. Außerdem muss der gewährte Vorteil bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge berücksichtigt werden. Dazu ist der Arbeitgeber verpflichtet. Und hierfür haftet er. Deshalb wird jedes Start-up im eigenen Interesse Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge auf die vergünstigten GmbH-Anteile einbehalten und abführen müssen. Die große Frage ist jedoch wieviel. Das hängt von der Höhe der zu versteuernden Begünstigung ab. Und diese berechnet sich anhand der Unternehmensbewertung. Mit dieser kann die Differenz zwischen dem Mitarbeiterpreis und dem Marktwert der GmbH-Anteile ermittelt werden. Die Bewertung von Start-ups ist jedoch mit großen Unsicherheiten verbunden, weshalb immer das Risiko besteht, am Ende zu viel oder zu wenig Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge einbehalten und abgeführt zu haben.
Mitarbeiterbeteiligungen werden meistens nicht direkt bei Gründung eingeräumt, sondern zu einem späteren Zeitpunkt. Bis dahin hat das Start-up vielleicht schon Investoren an Bord. Die Investoren haben pro GmbH-Anteil einen Preis X bezahlt. Oder vielleicht hat ein Gesellschafter GmbH-Anteile zu einem Preis X verkauft. Oder aber das Start-up ist auf dem Markt tätig, erzielt Umsätze und es sind Erträge zu erwarten. Oder das Start-up hat die Rechte an innovativer IP bzw. die Nutzungsrechte an solcher IP. Es gibt unzählige Faktoren, die die Unternehmensbewertung beeinflussen. Klar ist, dass die klassischen Bewertungsmethoden, insbesondere unter Ansatz des Ertrags- oder Substanzwerts, bei Start-ups nicht funktionieren. Start-ups ziehen ihren Wert nicht aus ihren aktuellen Erträgen oder ihrem aktuellen Vermögen; sie ziehen ihren Wert aus ihrem Potenzial. Und genau dieses Potenzial können die klassischen Bewertungsverfahren nicht abbilden. Deshalb fehlen feste Regeln für die Bewertung von Start-ups. Und deshalb ist die Bewertung von Start-ups mit großen Unsicherheiten verbunden. Ist jedoch ein Preis X, den beispielsweise ein Investor gezahlt hat, erstmal in der Welt, kann und wird er auch für die Bewertung des Start-ups herangezogen. Selbst dieser Preis X ist jedoch nur ein Indiz und keine Garantie für die richtige Unternehmensbewertung. Wegen der vielen Faktoren, die die Bewertung beeinflussen, gibt es immer Spielraum. Sowohl nach oben als auch nach unten.
Ein Start-up ist bei der vergünstigten Ausgabe echter GmbH-Anteile an Mitarbeiter also mit dem Risiko belastet, dass es keine sichere Bewertung zum Erwerbsstichtag gibt und in der Folge die Höhe der Vergünstigung und die Höhe der abzuführenden Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge nicht sicher berechnet werden können. Erschwerend kommt hinzu, dass die Mitarbeiter doch GmbH-Anteile erhalten sollten, ohne eigenes Kapital aufbringen zu müssen. Und nun müssen sie auf einmal Steuern zahlen, ohne irgendetwas in der Hand zu haben? Nichts als ein paar GmbH-Anteile, die sie nicht verkaufen dürfen? Dabei kann die steuerliche Belastung für die Mitarbeiter schnell die Höhe eines Monatsbruttos erreichen oder sogar übersteigen. Die ursprüngliche Idee, Mitarbeiter zu mehr Einsatz und tollen Leistungen zu motivieren, dürfte damit zunichte gemacht sein.
Der Gesetzgeber hat dieses Problem zwar erkannt und mit dem Fondsstandortgesetz darauf reagiert. Seit Juli 2021 gilt deshalb § 19a EstG. Dieser umgeht unter bestimmten Voraussetzungen das Dry Income Problem. Allerdings sind diese Voraussetzungen sehr eng, weshalb die Verbesserung nicht wesentlich spürbar ist. Und die gesellschaftsrechtlichen Probleme mit echten Mitarbeiterbeteiligungen bestehen natürlich fort. Deshalb sind virtuelle Anteile für Start-ups nach wie vor die attraktive Alternative für Mitarbeiterbeteiligungen.
Virtuelle Anteile sind zwar nicht steueroptimiert, sie haben aber den großen Vorteil, dass sie den Mitarbeitern lediglich einen vertraglichen Anspruch einräumen. Das hat verschiedene Konsequenzen, die wir uns nun anschauen wollen.
Virtuelle Anteile sind keine echten GmbH-Anteile. Die Mitarbeiter werden nicht zu Gesellschaftern der GmbH. Sie erhalten nur einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung eines bestimmten Geldbetrages. Und dieser Zahlungsanspruch ist (in aller Regel) auf den Exit bedingt. Das heißt, dass das Start-up seine Mitarbeiter am Exit-Erlös beteiligt, ohne sie zu Gesellschaftern zu machen. Weil der Zahlungsanspruch auf den Exit bedingt ist, findet ein steuerlich relevanter Zufluss erst statt, wenn die Mitarbeiter tatsächlich eine Zahlung erhalten. Wichtig ist, dass das virtuelle Beteiligungsprogramm richtig gestaltet wird. Dann stellt die Zuteilung der virtuellen Anteile an die Mitarbeiter noch keinen steuerpflichtigen Zufluss dar. Deshalb gibt es bei virtuellen Anteilen kein Dry Income Problem. Die Mitarbeiter müssen also nur dann Steuern zahlen, wenn sie tatsächlich liquide Mittel auf die Hand bekommen. Die Steuerbelastung wird einfach aus den Einkünften aus der virtuellen Beteiligung beglichen.
Und damit entfällt auch die Problematik um die Unternehmensbewertung. Am Tag der Zuteilung der virtuellen Anteile an die Mitarbeiter fallen keine Steuern an. Deshalb muss nicht bestimmt werden, wie viel das Unternehmen an diesem Tag Wert war. Zu einem steuerlich relevanten Zufluss kommt es erst mit der Auszahlung. Die Höhe dieser Auszahlung ist eine bekannte Größe, sie steht am Tag der Auszahlung fest. Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge lassen sich damit wie gewohnt berechnen.
Es sollte jedoch allen Beteiligten bewusst sein, dass virtuelle Anteile kein Steuersparmodell für Mitarbeiter beinhalten. Die Auszahlung aus den virtuellen Anteilen wird aufgrund des engen Sachzusammenhangs mit dem Arbeitsverhältnis als Lohnbestandteil betrachtet. Daraus folgt, dass der komplette Auszahlungsbetrag dem persönlichen Einkommenssteuertarif unterliegt. Weil das persönliche Einkommen im Jahr der Auszahlung besonders hoch sein wird, werden die Mitarbeiter sehr wahrscheinlich in diesem Jahr den Spitzensteuersatz von 42 % und mit einiger Wahrscheinlichkeit sogar den sogenannten „Reichensteuersatz“ von 45% erreichen. Die Mitarbeiter erhalten Zahlungen aus den virtuellen Anteilen als Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne. Auch bei den Sozialversicherungsbeiträgen müssen die Auszahlungen daher berücksichtigt werden.
Für die GmbH hat die Behandlung der virtuellen Anteile als Lohnbestandteil zur Folge, dass die Auszahlungen aus der virtuellen Beteiligung als Betriebsausgabe verbucht und in Abzug gebracht werden können. Auch hier gilt, dass dies natürlich erst möglich ist, wenn es zum Exit kommt und die Auszahlung tatsächlich erfolgt.
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